0. Einführungen

0.1. Vorgänge zu einer Poiesis der Religionen - 1. Versuch einer Einführung, Karlsruher Vortrag - von Hans-Peter Schmidt

 

0.2. Kleine Einführung in die literarische Bibelinterpretation - von Hans-Peter Schmidt

 

1. Literarische Bibelbeobachtungen

1.1. Mose wird zum Befreier – wie er sich dabei selbst verändert - von Norbert Lohfink - Wie sich das Verständnis von Moses und der ganzen Exodus-Geschichte wandelt, wenn man sich in die Figur Moses und seine Geschichte mithineinziehen läßt.

 

1.2. Lorsque Moïse eut achevé d’écrire - von Jean-Pierre Sonnet - Eine narrative Theorie des Schreibens im Pentateuch. Moses ist nicht nur der erste Schriftsteller der biblischen Geschichte, er ist vor allem auch der Kulminationspunkt, an dem das Schreiben ursächlich in die Geschichte der Menschheit eingreift. Nachdem im Exodus die Hand Moses zunächst nur die Gesetze mit Gottes Hilfe in den Stein der beiden Tafeln einbrachte, wird im Deuteronomium das Schreiben selbst in Szene gesetzt und unverstohlen gezeigt, wie im Schreiben die Welt Gottes erwächst. Das Deuteronomium wird in dem vielbeachteten Aufsatz des belgischen Poeten und Theologen als das wohl kunstvollste Buch im Buch der Literaturgeschichte in des Lesers Aufmerksamkeit gerückt. Ein Buch im Buch, in dem gesagt wird, daß jemand schreibt, daß er sagt, was jemand sagte und was passierte, nachdem er geschrieben hatte, was gesagt worden war.

 

1.3. Rashi as Narrator - von Michael Signer - Daß Rashi darum bemüht war, das Denken von Talmud und Aggadah so in seinen großen Bibel-Kommentar einzubeziehen, daß sie nicht länger in hermeneutischem Widerspruch stehen, ist ebenso bekannt wie Rashis intelligentes Verweben von Deresch, dem wörtlichen Sinn, und Peschat, dem übertragenen Sinn einer Bibelstelle. Wie sehr aber Rashis Exegesis nicht nur theologisch und linguistisch, sondern in erster Linie auch literarisch geprägt war und inwiefern Rashi eine veritable Kunst der literarischen Auslegung entwickelte, ist bisher weitestgehend übersehen worden. Es ist Michael Signers kaum zu überschätzendes Verdienst, in seinem hier vorliegenden Aufsatz mit Nachdruck auf Rashi als "Denker der Erzählung" hinzuweisen und den Meister aus Troyes nicht zuletzt als Breschenschläger der sich für gar so revolutionär haltenden Bible as Literature Debatte zu würdigen.

 

2. Monotheismus und Gewalt

2.1. Gewalt und Monotheismus - von Norbert Lohfink - Läßt sich, wie es die Diskussion um Jan Assmanns These von der mosaischen Unterscheidung nahelegt, ein notwendiger Zusammenhang zwischen biblischem Monotheismus und Gewalt nachweisen? Der Begriff des Monotheismus, der erst im 17. Jahrhundert aufkam und seither auf die Bibel zurückprojiziert wird, zeigt sich jedoch nicht nur hinsichtlich der Gewaltfrage in der Bibel als zu ungenau. Vor diesem Hintergrund macht N. Lohfink deutlich, wie sich gerade in der Bibel der Umgang und die Begrenzung zwischenmenschlicher Gewalt wie ein roter Faden von der Genesis über Gottes Gesetz bis zu den Flugscharen Michas zieht. Ob in der reinen - nicht unbedingt biblischen - Logik des Monotheismus allerdings doch der Same religiöser Gewalt schlummert, steht auf einem anderen Blatt.

 

2.2. Gewaltgeschichte im Monotheismus von Hans-Peter Schmidt - gibt gerne zu, daß das biblische Gesetzeswerk und der grundlegende religiöse Gedanke, die Verhinderung oder zumindest Minderung von äußerer Gewalt beabsichtigte. Doch ist Gewalt eben nicht nur Gewalt gegen außen, sondern auch die Gewalt gegen innen - die Gewalt innerhalb des Volkes, des Stammes, der Familie, des Individuums. Und eben die Entwicklung dieser inneren Gewalt scheint deutlich in der Geschichte des Monotheismus festgelegt.

 

2.3. Von der Tyrannei des Verstehens eine Passage aus "Trompedego" von Istvan Listo - "Das Schlimme ist, daß selbst die Täter im Grund alles arme Schlucker sind, die einem, wenn man sich in sie hineinversetzt, leid tun können. Für den anderen Verständnis aufzubringen, bedeutet jedoch bereits, sich zu seinem Untertan zu machen. Aus lauter Verständnis läßt man sich das letzte Hemd ausziehen und lächelt verständnisvoll dabei. Christus hatte die Welt verstanden, hatte verstanden, wie er, der Gottessohn, Waisenkind war. Er hatte ..."

 

3. Politische Theologie

3.1. Dtn 1,9-18: Gerichtsverfassung und Militär -von Norbert Lohfink - Zeigt durch eine bestechende narrative Auslegung der beiden mosaischen Berichte über die Einsetzung von Richtern in Israel, wie zu Zeiten des Deuteronomiums damit gerungen wurde, das neue Rechtssystem organisch in die althergebrachte stammesorientierte Rechtsordnung zu implementieren, ohne dabei- wie bei Revolutionen sonst nur allzu üblich -"Kopfe rollen zu lassen". Womit Moses - Norbert Lohfink zufolge - vorführt, daß beim Wechsel der Welten kein Bruch eintreten muß und der Wechsel auch human vor sich gehen kann.

 

3.2. Biblical Literature as Politics: The Case of Genesis - von Gary A. Rendsburg - Eine der Gefahren - und oft sogar Absichten - literarischer Bibelinterpretation liegt darin, die Bibel als rein ästhetisches Kunstwerk zu verniedlichen. Nimmt man die Bibel lediglich als l'art pour l'art hin und greift sich die fraglos beeindruckenden Geschichten heraus, um so zumindest die von der Bibel inspirierten Kunstwerke des Abendlands zu verstehen, kann man sich zwar im Eindruck gutbürgerlichen Halbwissens aalen und all den sonst noch mit in den Geschichten transportierten Glaubenskram als Kinderei abtun, aber die Fragen, denen die Bibel sich eben gerade auf literarische Weise näherte, bleiben dabei unerkannt und verschlossen. Wer allerdings, von der extrem anderen Seite kommend, die Bibel, wie in der Aufklärung und in den 1960ern-1970ern zum Teil geschehen, hauptsächlich vom ideologischen Standpunkt betrachtet und als reines Propagandawerk gewiefter Priester entlarvt, geht kaum weniger reduktionistisch vor. Doch darf man deshalb die ideologische Ader der Bibel ganz und gar verwerfen? Darf man Ideologie, nur weil sie inzwischen aus dem herrschenden wissenschaftlichen Diskurs verbannt wurde, völlig ausklammern aus dem Blick in die Geschichte und die Literaturen der Geschichte? Gleich den anderen Werken der Antike war natürlich auch die Bibel nie absichtslose, reine Poesie göttlichen Geistes. Wie gerade die literarische Textanalyse zur Freilegung manch ideologischer Schicht beitragen kann, zeigt Gary Rendsburg hier am Fall der Genesis, die er als Projektion aus der Davidszeit zu lesen ansetzt. Der historische Grund, auf dem sich Rendsburg elegant in die von ihm vorgegebene Richtung tastet, mag wacklig sein, aber er zeigt überzeugend, zu welch mächtigem Werkzeug die literarische Interpretation werden kann, wenn sie den rechten Schwerpunkt zu Ansatz findet.

 

 

4. Beziehungen von Literatur und Ethik in der Religion

4.1. Alle Achtung vor dem Alten Testament - von Friedrich Nietzsche - Wer mag angesichts dieses Textes noch behaupten, daß Wissenschaft notwendig unironisch sei? Herzerfrischend und so politisch unkorrekt wie es 130 Jahre später kein Wissenschaftler mehr wagt, starrt Nietzsche hier aus den vor Verachtung der Askese weit aufgerissenen Augen auf die Geschmacklosigkeit des literarischen Stils der Apostel. Fast hinterrücks in einem Nebensatz blitzt sein literarisches Verständnis auf und vor allem seine essentiell literarische Lektüre des Menschen, der Religion, der Geschichte. Während im Alten Testament die Größe des Gefühls, der Landschaft, der Stories die moralische Kleinlichkeit aus lauter literarischer Naturkraft hinwegfegt, erdrückt angesichts des weltweit monotheistisch proklamierten Gottes die bloß noch ich-bezogene, berechnende Vernunft jegliche Grandeur der literarischen Schöpfung. Nietzsche nennt es nicht beim Namen, aber seine Verve läßt keinen Zweifel: Wo die Fabrikation von Literatur zur moralischen Angelegenheit verkommt, erstickt als erstes die Literatur und als zweites der Mensch. Wo die Moral auf die Autoren und die institutionalisierten Verteidiger der Autoren zurückfällt, ist die Literatur bereits faul.

4.2 Gottes Täuschung im Garten Eden - von Dagmar Just - Gen 3, 1-24, das erste, kürzeste und rätselhafteste Drama der christlich abendländischen Kultur, hat seit seiner Veröffentlichung eine unendliche Geschichte der Deutungskämpfe hervorgebracht. Dennoch finden sich darin ein Dutzend letzter Fragen, die heute so offen sind wie am ersten Tag: ob der Biß in die verbotene Frucht von Gott geplant oder gefürchtet ist; ob er die Freiheit des Menschen bezeugt oder seine Frivolität; ob er das Ende seiner Geschichte besiegelt oder ihren Anfang; was es mit der Nacktheit auf sich hat; worin das Wissen des Guten und Bösen liegt; ob die Vertreibung aus dem Paradies ein Akt der Gnade oder der Strafe ist; wieso die Schlange dort überhaupt Einlaß erhält; wofür das Paradies steht, für ein Labor? ein Utopia? oder ein Fragonnardsches Bühnenbild? und last but not least, warum Gott lügt...

 

5. Ursprung des Monotheismus

5.1. Pourquoi le Monothéisme - von Jean Soler - In diesem Aufsatz faßt Jean Soler, Autor der nicht nur in Frankreich vielbeachteten Trilogie "Aux origines du Dieu unique", seine Hauptargumente für eine sehr spät zu datierende Entstehung des reinen Monotheismus in der Bibel zusammen. Anhand kaum widerlegbarer linguistischer und historischer Betrachtungen findet Jean Soler allerdings nicht nur Argumente für die verhältnismäßig späte Datierung der Idee einer Weltherrschaft des alleinzigen Gottes YHWH, sondern versucht vor allem den politischen und psychologischen Grund dieser biblischen Idee zu orten. Auch wenn hier mitunter die Wissenschaft der Spekulation zu weichen hat, ist es doch durchaus bedenkenswert, inwiefern die "offensichtlich von Gott begünstigte" Herrschaft der Perser, welche die Rückkehr aus dem babylonischen Exil ermöglichte, zum historischen Denkanstoß für einen über alle Völkergrenzen hinweg herrschenden Gott wurde. Siehe auch die deutsche Kritik der im ersten Bandes der Trilogie entwickelten These (hier).

 

5.2. Im Anfang schufen die Götter - von Hans-Peter Schmidt - Kritik des Buches "Les Origine du Monothéisme" von Jean Soler, das in Frankreich kaum weniger Zorn als Bewunderung hervorgerufen hat und das, auch für den, der seine Konklusionen nicht immer teilen mag, ein überzeugendes Beispiel religiös unvoreingenommener Bibelexegesis ist.

 

 

6. Idolatrie oder die Bildfrage in der Religion

6.1. Was ist an den Bildern so schlimm? - Der Dresdner Vortrag von Jan Assmann - Erst das Bilderverbot polarisiert die Welt in Freund und Feind. Die Welt läßt sich nicht einteilen in Mörder und Nichtmörder, Ehebrecher und treue Ehepartner, Nächstenhasser und Nächstenlieber. Sie läßt sich aber einteilen in Bildverächter und Bildverehrer, Jahweh-Treue und Apostaten. An der Bildfrage zeigt sich deutlicher als an allen anderen Geboten, wer zu Gott steht und wer nicht. Daher ist das Bilderverbot der Inbegriff oder die Signatur des Monotheismus. Ausgehend von dieser grundlegenden Einordnung des biblischen Bilderverbots arbeitet Jan Assmann im Hauptteil seines Vortrages den kulturgeschichtlichen Unterschied von Bildreligionen und Wortreligionen heraus: Das Bilderverbot erklärt sich nicht daraus, daß Gott jenseits aller Vorstellung und daher auch Darstellung verbleibt, denn das würde ebenso auch für sprachliche Darstellungen gelten. Nicht gegenüber der Unabbildbarkeit Gottes wird das Bild verworfen, sondern gegenüber seinem Wort. Die Bilder müssen verschwinden, um seinem Wort, der Torah, Platz zu machen...

 

6.2. Politik der Anti-Idolatrie - von Hans-Peter Schmidt - Eine kurze Ausführung darüber, daß das Verbot, geschnitzte Gottesbilder anzubeten, seine Erklärung nicht zuletzt in dem Willen zur Zentralisierung des Kultes findet.

 

6.3. Die Mosaische Unterscheidung in Schönbergs Oper "Moses und Aron" - von Jan Assmann - Arnold Schönbergs Oper „Moses und Aron“ ist nicht nur Höhepunkt der modernen Musikgeschichte, sondern auch eines der schillerndsten Beispiele dafür, wie die Kunst mitunter in Drehbewegungen einer Erkenntnis gerät, an denen die Wissenschaft nur abschrammt. Jan Assmann zeigt in diesem noch unveröffentlichten Vorlesungsskript, wie Schönberg den biblischen Text eben gerade nicht auslegt, sondern auf den in ihm angelegten Denkbahnen aus sich herausführt. Indem Schönberg Moses und Aron gewissermaßen als Antipoden einer gespaltenen Persönlichkeit aufbaut, gelingt es ihm, die menschliche Zerrissenheit angesichts des monotheistischen Gottes so spürbar wie kaum je zuvor werden zu lassen. Während Aron mit Zauber, Schauspiel und geschickten Worten den Gott als rächenden, zornigen, reuigen, liebenden, gerechten Gott so in Seele und Vorstellung verankert, daß das Bild von Gott zum faßbaren Garanten von Gesetz und Dasein werden kann, läßt Moses nicht davon ab, das Prinzip der totalen Unvorstellbarkeit des ewigen, allgegenwärtigen, allmächtigen Gottes zu verteidigen. Schönbergs Moses, der von seinem Volk verlangt, den Unsichtbaren zu wissen, den Unvorstellbaren zu denken, zerbricht letztlich an den logischen Teufelskreisen des Philosophengottes und an der politischen Pragmatik des aronschen Moralgottes. Wenn Schönberg den Moses seiner Oper im Gegensatz zu Bruder Aron überleben läßt, dann nicht, weil Moses vielleicht doch den Weg der Wahrheit gefunden hätte, sondern weil der Zwiespalt in ihm eben der ewige Zwiespalt des denkenden Menschen ist.
Jan Assmanns Essay ist geradezu ein Lehrstück für gelungene Kunstwerksanalyse, in der er sich nicht etwa nur von Schönbergs überraschenden Midraschim des Librettos über den gewohnten Bibelblick hinaustragen läßt. Er betreibt tatsächlich mit und aus der Musik Religionswissenschaft.

 

6.4. Über die Wahrheitsliebenden von Hans-Peter Schmidt - Es gibt eine bestimmte Klasse von Leuten, die einer Wahrheit anhängen, für die es zwar zweifellose eine Reihe gewichtiger Argumente gibt, die von jenen Leuten jedoch derart überbetont werden, dass sie nicht nur für alle Gegenar-gumente taub werden, sondern vor allem jeden, der sich von den gewichti-gen Argumenten nicht überzeugen lässt, als Gegner empfinden. Wahrheiten sind etwas für Schwache, die nicht auf luftigeren Seilen zu tanzen vermögen...

 

6.5. Von Fragen der Kunst und Antworten der Religion von Hans-Peter Schmidt - Eine erweiterte Besprechung von Hans Beltings Buch "Das echte Bild", in der es nicht nur um die künstlerischen Bildversuche und -versuchungen bei der Darstellung des unsichtbaren Gottes geht, sondern insbesondere darum, inwiefern das Denken des Unsichbaren in der Religion zum Motor der Kunst wurde.

 


7. Fiktion und Historizität

7.1. "Il etait un homme" - Le récite biblique entre généralité poétique et particularité historique - von Jean-Pierre Sonnet - Warum es sich bei der Bibel nicht um Fiktion, weder um historisierende Fiktion noch fiktionale Historie handelt, sondern um Historiographie. Wie im Falle Thucydides und Rankes bedeutet dies nicht, daß die biblischen Geschichten ganz auf Fakten beruhen und die literarischen Mittel, denen man in der Fiktion begegnet, außenvor bleiben. Der entscheidende Unterschied zwischen Fiktion und biblischer Historiographie ist laut Jean-Pierre Sonnet der vom Text vertretene Anspruch, vollkommen im Dienst der Wahrheit zu stehen, wohingegen fiktionale Texte auch andere Fiktionen neben sich dulden (ähnlich den Heiden, die andere Götter neben ihren Göttern dulden, ohne dadurch Macht und Existenz ihrer Götter in Zweifel zu ziehen). Erich Auerbach schrieb diesbezüglich bereits 1943 in seinem Buch Mimesis (S.17): "Der Wahrheitsanspruch der Bibel ist nicht nur weit dringender als der Homers, er ist auch tyranisch... Die Geschichten der Heiligen Schrift werben nicht um unsere Gunst, sie schmeicheln uns nicht, um uns zu gefallen und zu bezaubern - sie wollen uns unterwerfen, und wenn wir es verweigern, so sind wir Rebellen.".

Jean-Pierre Sonnet ist im französischen Sprachraum einer der führenden Vertreter für die Entwicklung der literarischen Bibelhermeneutik.

 

7.2. Keine Posaunen vor Jericho - von Hans-Peter Schmidt - Zum Buch von I. Finkelstein und N. Silbermann über die archäologischen Forschung zur Historizität der biblischen Geschichten

 

 

8. Komparatistik

8.1. Goliat und die Baleks - von Walter Dietrich - Ein intertextueller Essay über Gerechtigkeit und Gewaltlosigkeit. In dem Essay werden zwei Erzählungen zueinander in Beziehung gesetzt: eine biblische und eine nachbiblische. Die eine ist die wohlbekannte Geschichte von David und Goliat, die andere stammt von Heinrich Böll und trägt den Titel "Die Waage der Baleks".

 

8.2. Mephisto und die Bibel - von Johannes Anderegg - Seit zwei Jahrhunderten geistert Goethes Mephisto als Gegenspieler Gottes über Theaterbühnen und in Bildungsbürgerstuben, doch spielt die Mephistofigur, wo sie an den Teufel gemahnt, nicht ersterdings mit den obwaltenden Vorurteilen über den Teufel? Anhand überraschender Parallellektüren der biblischen Davidsgeschichte mit den Szenen um Philemon und Baucis zeigt der Schweizer Literaturtheoretiker und Bibelübersetzer nicht nur wie kunstvoll und tiefsinnig Goethe in seiner faustischen Weltdichtung die Bibel kommentiert, sondern vor allem inwiefern Goethe in der Gestalt seines Mephisto ein Licht auf die Ambivalenz und dunklen Seiten des biblischen Gottes zu werfen suchte. Weit entfernt, Mephisto nur auf einen Kontrapunkt zu Gottes Güte zu reduzieren, ließ Goethe sich, wie Anderegg komparatistisch herauszustellen vermag, vom literarischen Geist in die gefährlichen Zonen eines Gottes führen, der von keiner transzendentalen Ethik in moralische Eindeutigkeit gebunden ist.

 

------------8.2.1 Mephisto, Abraham, Sodom - Mephistos böses Spiel gegen Philemon und Baucis im Lichte von Yahwes Verhältnis zu Abraham und seiner Vernichtung Sodoms - ein Brief von H-P Schmidt

 

8.3 Apokalypse in Berlin - von Markus Wallenborn - Die Elemente der Johannes-Offenbarung in Alfred Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz" Obwohl der Rückgriff Alfred Döblins auf die biblische Apokalypse offensichtlich ist (das Motiv der Hure Babylon zählt zu den wichtigsten intertextuellen Anspielungen in „Berlin Alexanderplatz“), wird der Bedeutung einer solchen Anleihe bei der Tradition der Apokalyptik in der Regel nicht detailliert nachgegangen. Verfolgt man indes die zahlreichen, mehr oder weniger offensichtlich verwendeten Elemente der Johannes-Offenbarung und ihre Funktion im Roman, zeigt sich, wie geschickt Döblin mit ihrer Hilfe die „Geschichte vom Franz Biberkopf“ exemplarisch als „Apokalypse des Franz Biberkopf“ gestaltet – und gerade dadurch das traditionelle Weltbild der Apokalyptik konterkariert.

 

8.4 Geist, Wort, Liebe - Das Johannesevangelium um 1800 - von Daniel Weidner - Die Rezeption des Johannesevangeliums in Philosophie und Literatur um 1800 richtet sich nicht nur auf die mit der johanneischen Christologie verbundenen spekulativen Figuren der Vermittlung, sondern auch auf die literarischen Formen des vierten Evangeliums. Die Johanneischen Parabeln, die Ich-Bin-Worte, die Abschiedsreden spielen neben einer Reihe anderer literarischer Mittel und Formen eine wichtige Rolle im Johanneismus der Zeit. Achtet man auf diese Formen, zeigt sich besonders deutlich, wie spannungsreich die Adaption theologischen Gedankengutes gewesen ist. Es handelt sich dabei allerdings weniger um eine klare Bewegung der 'Säkularisierung', in der 'die' Literatur und 'die' Philosophie die Funktion der Theologie übernehmen, sondern weit mehr um religiöse Anspielungen von eher symptomatischen Wert für Spannungen, die die modernen Episteme durchziehen.

 

8.5 Epilog im Schweizer Bergschlund - Dürrenmatts Gott-Richter und sein Henker - von Anselm Weyer - Der vorliegende Aufsatz befasst sich mit ausgewählten biblischen Motiven des Kriminalromans Der Richter und sein Henker, wobei Anselm Weyer nachzuweisen versucht, dass Friedrich Dürrenmatt die Figur seines Kommissärs Hans Bärlach an die Figur des biblischen Gottes anlehnte. Dass diese Deutung durchaus plausibel ist, wird ausgehend von der Typszene der Wette zwischen Bärlach und seiner Antithese, dem 'teuflischen' Gastmann, erörtert. Nach der motivischen Untersuchung weiterer, die These über die göttlichen Züge der Bärlach-Figur untermauerender Textstellen, wird auf diesem Fundament nicht nur eine neue Interpretation des Romans vorgelegt, sondern auch eine beeindruckende Perspektive auf die Erforschung des fruchtbaren Umgang der Literatur mit der Bibel eröffnet.

 

8.6 Schweigen Tod - Kleists Findling - von Dagmar Just - Kleists Findling wurde von vielen, selbst großen Literaturwissenschaftlern als ungelenkes Frühwerk des sonst doch so unfassbar sprachmächtigen Genies angesehen. Zahllos, so meint man, seien die Widersprüche des Textes, die technischen Fehler im literarischen Bau und die Unsicherheiten des Stils. Doch ebenso wie die literarische Bibelinterpretation für den biblischen Text zeigte, dass es intellektuelle Faulheit ist, jeden Verstoß gegen den literarischen oder wissenschaftlichen Geschmack mit der Naivität oder Primitivität der Autoren und Redaktoren zu begründen, so zeigt auch Dagmar Just auf ihre wie stets höchst inspirierende Art, dass hinter den stilistischen FEHLERN des FINDLINGS ein radikales literarisches Experiment steht, das zwar gescheitert sein mag, aber nicht desto trotz unsere Bewunderung verdient.

 

 

9. Bibel und Malerei

Literarisches Denken und das Denken in Bildern

 

9.1. Opfer Jesu Opfer Isaac - ein Ausschnitt aus "Liternofar" von Istvan Listo - Ein gebundenes Lamm liegt perfekt ausgeleuchtet auf der Warte, bevor es hingeschlachtet wird als Opfer für den Gott, den Allmächtigen, Gütigen. Seit knapp vierhundert Jahren erregt Francisco de Zurbaráns Gemälde "Agnus Dei" die Gemüter, was seinen Grund nicht nur in dem packenden Erschrecken hat, das den Betrachter befällt, wenn er das Lamm als rückgeschriebene Metapher der Kreuzigung Jesu erkennt. Ausgehend von diesem Bild und jenem Erschrecken untersucht Istvan Listo das Bilddenken Zurbarans und kommt im Betrachten der "Anbetung der Schäfer" zu dem höchst überraschenden Schluß, daß Zurbaran die drei Alter Jesu in einer Gesamtschau des Glaubens Christi zu vereinen suchte. Vom Opferthema Zurbarans geleitet, geht Listo dann zu Caravaggios Darstellungen der Opferung Isaacs über und zeigt, wie nicht nur von der Bibel selbst, sondern auch von der Malerei der Renaissance die Erzählungen von Abrahams Opferung seines Sohnes und von Gottes Opferung seines Sohnes in Spannung und Spiegelung gestellt wurden.

 

9.2. histrio fit David - König Davids Tanz vor der Bundeslade von Julia Zimmermann - Am Beispiel einer mittelalterlichen Buchillustration zu König Davids Tanz vor der Bundeslade untersucht Julia Zimmermann, was es wohl zu bedeuten hatte, daß der als Inbegriff der Frömmigkeit geltende Psalmendichter im Mittelalter so oft als Tänzer dargestellt wurde, obwohl die Tanzkunst damals von der Kirche als besonders verwerflich angesehen wurde. Insbesondere am Unterschied zum Tanz der Salome wird allerdings ersichtlich, daß man den tanzenden David keineswegs in die Figur eines Gauklers steckte, sondern daß sein Tanz als Ehrerweisung gegenüber Gott inszeniert wurde. Zimmermanns kenntnisreiche Betrachtung dieser Gemälde wirft manch überraschendes Licht auf den Streit, der seit Prinzessin Michals Gattenverhöhnung die Gemüter der Gläubigen erhitzt und die Würde des entblößt tanzenden Messias in Zweifel zieht.

 

 

10. Literarische Bearbeitungen biblischer Geschichten

10.1. Verbannung Josefs - Ein Kapitel aus dem Roman "Mere Viatoi"- von Istvan Listo - Ohne je dem Buchstaben der biblischen Quelle zu widersprechen, erzählt Istvan Listo die Geschichte vom Verkauf Josefs in die Sklaverei auf wunderbar wunderlich neue Weise. In den Zwischenräumen des biblischen Wortlauts tritt Josef aus dem Kostüm des bedauernswerten, von seinen Halbbrüdern gehaßten Vatersöhnchens. Sich seiner durchaus selbst bewußt, nimmt er mit poetischer Souveränität sein Leben selbst in die Hand, womit er seinen Brüdern, ganz wie nebenbei, einen historisch verhängnisvollen Streich spielt. Über die psychologisch und stilistisch raffinierte Neuausdeutung hinaus, ist diese Zwischenkapitel aus "Mere Viatoi" eine höchst erstaunliche Tiefengrabung in den literarischen Geist der Genesis.

 

10.2. Nebuchadonosors Träume - von Istvan Listo - Wie der Geist der Literatur den mächtigsten König der Welt aus seiner Schwermut rettet und sein Reich der Zerstörung preisgab.

..............10.2.1 J'ai choisi le silence là où vous appliquez l'interprétation - Maure Malthus - 18.4.2005

 

10.3. Der Gelähmte von Kafarnaum - Ausschnitt aus der Nachtnovelle von Istvan Listo - Das Teuflische des literarischen Stils in der religiösen Dichtung, dargestellt an der wundersamen Heilung des Gelähmten durch Gottes Sohn.

 

 

11. Die Bibel in der Literatur

11.1. Von einem der zuviel wußte - Versuch über Stefan Heyms "König David Bericht" - von Walter Dietrich. Als 1972 Stefan Heyms Roman "Der König David Bericht" erschien, hielten die meisten Kritiker ihn für eine politische Parabel insbesondere auf die Situation in der DDR. Daß es sich weit darüber hinaus aber um eines der größten literarischen Werke der deutschen Moderne handelt, blieb im Schatten des politischen Kontexts allzu lange verkannt. Erstaunlicherweise waren es Theologen, die in Auseinandersetzung mit Stefan Heyms David- und Israelbild als erste nachdrücklich auf die literarische Kunst des Buches aufmerksam machten. Der Berner Alttestamentler Walter Dietrich löste mit dem vorliegenden Essay eine regelrechte Welle von Aufsätzen und Betrachtungen aus, die sich einerseits dem Buch von Stefan Heym und andererseits der Bedeutung literarischer Bearbeitung biblischer Geschichten widmeten.

 

11.2. Stefan Heym - der König David Bericht - von Peter Rusterholz - Vorerst werden die Bedingungen der Genese des Texts Der König David Bericht von Stefan Heym im Osten und die Erstrezeption im Westen kritisch dargestellt und anschliessend verschiedene Möglichkeiten theologischer und literaturwissenschaftlicher Deutung referiert und kritisch gewürdigt. Aufgrund der Entwicklung der Erzählerfigur und ihrer sich wandelnder Funktion im Textprozess wird anschliessend die These begründet, dass auch das David-Bild sich wandle, nicht auf zur Zeit der Entstehung des Textes regierende historische Figuren zu reduzieren sei, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der biblischen Figur und ihren Widersprüchen darstelle, die auch für gegenwärtige und künftige Probleme des Verhältnisses von Idealen des Glaubens und Ansprüchen der Herrschaft ihre Bedeutung behalte.

 

11.3. Vom Fall des Riesen Goliat - Biblische und Nachbiblische Erzählversuche - von Walter Dietrich. Gleich viermal in den letzten Jahren ist dem König David eine besondere Ehre zuteilgeworden: Die Schriftsteller Stefan Heym, Joseph Heller, Torgny Lindgren und Grete Weil haben ihn zur zentralen Romanfigur erkoren. Der ausgewiesene Spezialist der Davidszeit Walter Dietrich zieht die vier zeitgenössischen Romane über David in Vergleich zueinander und versucht zu zeigen, inwiefern die Methoden der modernen Literatur neue Facetten der biblischen Geschichten in Anschein bringen können und in welchem Verhältnis sich diese dann zur Theologie bringen lassen.

 

11.4. David im Englischen Drama - von Balz Engler - Am englischen Drama wird exemplarisch versucht, die Verwendung des David-Stoffs nachzuzeichnen. Dabei erweist sich, dass sich eine eigenständige Tradition nicht herausbilden konnte; ihr stehen einerseits die religiös-ideologischen Auseinandersetzungen in der englischen Geschichte entgegen, andererseits das Wirken der Zensur. Vor allem anhand der Stücke von George Peele (publiziert 1599), Hannah More (1782), Stephen Phillips (1904) und D.H. Lawrence (1926) wird gezeigt, wie Episoden aus der Geschichte Davids eingesetzt werden, um ideologische Anliegen darzustellen.

 

11.5. David et Batsheba dans la littérature française - Sens spirituel et littérature d’imagination - von Olivier Millet und Philippe de Robbert - Les exemples retenus appartiennent surtout à la littérature française, avec deux exceptions latine et italienne. On souligne, du Moyen Age au XXe siècle, un déplacement graduel des lectures théologiques relevant d’une foi collective vers la littérature d’imagination personnelle. Cependant, le premier exemple, le Mystère du Vieil Testament, dramatise de façon déjà originale l’épisode biblique. Les textes humanistes du XVIe siècle (Théodore de Bèze, Belleau et du Bartas) multiplient les fictions poétiques et les jeux de style. Le XVIIe siècle représente à cet égard une rupture, par respect pour le texte sacré de la Bible; le XVIIIe siècle (Bayle, Voltaire) accentue cette rupture avec la crise, dont David est la victime, de la foi religieuse. La modernité (Milosz, Gide, Coccioli) redécouvre un rapport familier avec la figure de David. Sa plasticité poétique et psychologique est enrichie au moyen d’une riche intertextualité biblique, mais la dimension politique de l’épisode est désormais sacrifiée.

 

12. Bibel übersetzen

12.1 Wer spricht? - Die Bibel in neuem Französisch - von Hans-Peter Schmidt - Über die sogenannte Bibel der Poeten, die französische Neuübersetzung der Bibel durch 20 franz. Schriftsteller.

 

 

 

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