Home

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Von der Theologie zur Literatur und zurück

von Daniel Weidner zu

Georg Langenhorst (Hg.)
Theologie und Literatur. Ein Handbuch

mit freundlicher Genehmigung des Autors und IASL-online

 

Das vorliegende Buch ist zugleich ein Forschungsüberblick zum Thema ›Theologie und Literatur‹ mit Bezug auf die moderne deutsche Literatur und der Versuch einer methodischen Reflexion über dieses Forschungsfeld. Es lebt dabei aus einer Spannung: Einerseits, so wird einleitend konstatiert, sei das Thema ›Theologie und Literatur‹ in den letzten Jahren ein »wirklich eigenständiger akademischer Forschungsbereich« (S. 9) geworden, andererseits sei dieser durch eine »Schieflage zwischen den Dialogpartnern« geprägt: »Das Interesse der beteiligten Theologen ist ungleich intensiver als das der Literaturwissenschaftler.« (S. 11)

Es ist daher auch kein Wunder, dass das Buch von einem Theologen – Georg Langenhorst, Professor für Religionsdidaktik in Erlangen – stammt und er erfreulicherweise sein theologisches Erkenntnisinteresse auch offen bekennt. Für den Literaturwissenschaftler – ein solcher ist der Rezensent – kann ein solches Unternehmen aber interessanter Anstoß und Anregung zur Kritik des in der eigenen Disziplin verbreiteten Desinteresses an theologischen Themen sein. Ein Desinteresse, das alles andere als selbstverständlich ist: Während in den letzten Jahrzehnten alle möglichen Textsorten (politische, wissenschaftliche usw.) in den Fokus der Literaturwissenschaft geraten sind, ist gegenüber religiösen immer noch eine Zurückhaltung, oft eine ideologische Verweigerung spürbar; neuere Ansätze wie Dekonstruktion und Diskursanalyse haben diese Distanz eher noch vergrößert. Über die blinden Flecken dieses Verhältnisses aufgeklärt zu werden und Perspektiven zu deren Überwindung aufgezeigt zu bekommen, wird der literaturwissenschaftliche Leser dieses Buches erwarten.

Langenhorsts Handbuch besteht aus einer historischen Darstellung der wichtigsten hermeneutischen Positionen zum Thema ›Theologie und Literatur‹ (1. Teil), einem thematisch gegliederten Überblick über die neuere Forschungsliteratur (2. Teil) und einem programmatischen Ausblick auf die Zukunft des Forschungsfeldes (3. Teil). Weil im letzten Teil auch Langenhorsts eigener Standpunkt entwickelt ist – und somit seine im Forschungsüberblick immer wieder angebrauchte Kritik verständlich wird – ist es ratsam, diesen dritten Teil zuerst oder in Anschluss an den ersten, den historischen Abriss, zu lesen.

Grundlagen:
Die Forschungsgeschichte

Für den theologisch interessierten Laien dürfte dieser erste Abriss am interessantesten sein, in dem die verschiedenen Stadien einer theologischen Auseinandersetzung mit der Literatur rekapituliert werden. Langenhorst referiert zunächst die klassischen literaturwissenschaftlichen Entwürfe E. Auerbachs und A. Schönes zu diesem Thema – die ja immer nur Ansätze geblieben sind –, anschließend die Grundpositionen der evangelischen Diskussion: P. Tillichs Kulturprotestantismus, dessen vereinfachende Rezeption durch ein asymmetrisches ›Dialog‹-Paradigma (Literatur stellt Fragen, Theologie gibt Antworten, vertreten von H. J. Baden und F. Hahn) und die Ansätze einer christologischen Ästhetik bei H.-E. Bahr und K. Marti. Dem stehen auf katholischer Seite der kulturkritische Entwurf R. Guardinis gegenüber, in dem der Dichter zum Seher stilisiert wird, sowie der monumentale, freilich zur theologischen Instrumentalisierung neigende Ansatz H. U. von Balthasars. Wichtige Impulse bekommt die Debatte auch durch das Programm der ›christlichen Literatur‹ der Nachkriegszeit und deren Krise in den sechziger Jahren.

Die daran anschließenden, bis heute dominanten Konzepte der siebziger Jahre orientieren sich am Paradigma des ›Dialogs‹ und betonen, Literatur anders als ihre Vorgänger nicht vereinnahmen zu wollen: D. Sölle stellte gegen Schöne der Schwundkategorie der ›Säkularisierung‹ die ›Realisierung‹ als weltlich-kritischen Gewinn von Ausdrucksmöglichkeiten gegenüber, D. Mieth betont die Analogie von Theologie und Literatur. K. J. Kuschel entwickelt die einflussreiche Formel der wechselseitigen kritischen Herausforderung: Literatur soll Theologie dort korrigieren, wo sie die Wirklichkeit formelhaft verstellt, Theologie soll Literatur dazu bringen, die Frage nach dem Menschen zu stellen. Moderne Dichtung erscheint dabei vor allem als Ausdruck der Krise, einer existentiellen Unsicherheit – ein Grundverständnis, das für Literaturwissenschaftler gleich welcher couleur nicht ohne weiteres anschlussfähig sein dürfte. Auch ist im ›Dialog‹-Paradigma immer wieder unklar, ob das Gesprächsansinnen eigentlich auf die Literatur oder die Literaturwissenschaft zielt. Auf beide Probleme kommt, wie erwähnt, der ausblickende Schluss zurück.


Die Bibel und die Literatur:
Historische und nationale Grenzen

Der zweite, ›systematische‹ Teil gibt einen kommentierten Überblick über die Forschungsliteratur. Seine Gliederung gemäß den theologischen Disziplinen – Exegese, Systematische Theologie, Kirchengeschichte und praktische Theologie – ist allerdings für den Literaturwissenschaftler kaum nachvollziehbar; befremdlich etwa, warum das literarisch so zentrale Thema Autobiographie in der praktischen Theologie, Unterpunkt Pastoraltheologie abgehandelt wird. Auch entfernt sich dieser Teil immer mehr von systematischen Fragestellungen und wird mehr und mehr zum – durchaus nützlichen – kommentierten bibliographischen Handbuch, das großteils motiv- oder autorzentriert vorgeht. So beginnt das erste Kapitel mit einer Untersuchung über die Bibelbezüge, über Gattungs- und Motivgeschichte (zu den Psalmen, zu Hiob, David, Jesus, Judas, Maria etc.) sowie zu einzelnen Autoren (Heine, Lasker-Schüler, Th. Mann, N. Sachs, Brecht, Böll, Fried, Bachmann), ohne die Einzelbeobachtungen noch einmal systematisch miteinander zu verbinden.

Allerdings werden vielleicht gerade hier die Kosten der Begrenzung auf die moderne deutsche Literatur deutlich (vgl. zu deren pragmatischer Begründung S. 10f). Historisch wäre nicht nur der Vergleich mit älterer Literatur, etwa der des Barocks, interessant gewesen, in welcher der Bezug zur Bibel eine ganz andere Rolle gespielt hat, sondern auch eine genauere Untersuchung der Entstehung des modernen Dichtungsverständnisses um 1800, bei der die Bibel ebenfalls eine zentrale Rolle gespielt hat: etwa für die Herausbildung von Dichtersprache und Autorposition bei Klopstock, für die Verschränkung von Poetik, Hermeneutik und Theologie bei Herder, für die Figurationstechniken bei Moritz oder Jean Paul, für die Entwürfe der Kunstreligion etc.

All das sind Themen, die in der germanistischen Forschung keinesfalls abschließend und ausreichend bearbeitet sind. Im Gegenteil leiden sie unter der anfangs konstatierten Abwehr der Disziplin gegenüber theologischen Themen –, zu denen es aber doch inzwischen eine ganze Reihe von Studien gibt, auf die Langenhorst nicht oder nur am Rande eingeht (so etwa auf die wichtigen und zentrale systematische Fragen berührenden Arbeiten von H. Timm, S. 160f). Faktisch beschränkt er sich mit wenigen Ausnahmen (Goethe, Heine) auf Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts. Wenn Langenhorst einleitend literaturgeschichtlich orientierte Forschung von seinem Überblick ausschließt – weil es sich dabei nur um »Spezialforschung« handele, »in welcher gerade die gegenseitigen Herausforderungen zwischen Theologie und Literatur nicht im eigentlichen Sinne zum Tragen kommen« (S. 10f) –, so verkennt das nicht nur die Logik der Literaturwissenschaft: In ihr haben literaturhistorische Fragen immer eine vermittelnde Funktion. Das Überspringen solcher Fragen führt bei Langenhorst dazu, dass Autordarstellungen unvermittelt neben der theologischen Systematik stehen. Die historische Begrenztheit führt auch dazu, dass Langenhorst – und wie es scheint auch der Großteil der von ihm referierten Forschung – letztlich eingeschlossen bleibt in das moderne, autorzentrierte Literaturverständnis, dessen Kategorien (›Authentizität‹, ›Erlebnis‹, ›Einfühlung‹ etc.) er nicht kritisch hinterfragen kann. Es entsteht der Eindruck, dass sich hinter dem Interesse an der Gegenwartsliteratur letztlich das Interesse für Gegenwartsfragen verbirgt, nicht das für die Literarizität dieser Literatur.

Auch die Begrenzung auf die deutsche Literatur ist nicht unproblematisch. Langenhorst selbst konstatiert, »wie rigoros die deutschsprachige Diskussion sich vom internationalen Forschungsfeld abgekoppelt hat« (S. 75), beschränkt sich aber dann doch auf jene. Dabei hat sich im französisch- und insbesondere englischsprachigen Raum eine ganz andere, breite und methodisch hochreflektierte Debatte über Literatur und Religion entwickelt, zu der so profilierte Konzepte wie die von G. Bataille, K. Burke, N. Frye oder H. Bloom gehören. Gerade weil sie überwiegend von Literaturwissenschaftlern geführt wird, wäre es interessant gewesen, diese Diskussion mit der dominant von Theologen betriebenen deutschen zu konfrontieren. Im speziellen Fall der Bibel existiert eine breite Forschung über bible as literature, deren – in Deutschland noch so gut wie gar nicht angelaufene – Rezeption die Debatte über Bibel in der Literatur erst eigentlich auf eine interessante Grundlage stellen würde.

Breiter Forschungsüberblick

Das zweite Kapitel des systematischen Teils ist der systematischen Theologie gewidmet, aus der bemerkenswerterweise die zentralen hermeneutischen Ansätze – von Tillich bis Kuschel – stammen und in dessen Rahmen nicht nur die Rolle von Religion oder Gott im Werk verschiedener SchriftstellerInnen behandelt werden, sondern auch Motive wie Satan oder ›Brot und Wein‹. Vor allem werden hier weitere systematische Entwürfe vorgestellt, etwa die ästhetische Theologie (A. Stock, K. Huizing), andere – etwa die narrative Theologie bei E. Jüngel und J. B. Metz – fehlen hier; was wohl auch daran liegt, dass Langenhorst solche Entwürfe als nicht im engeren Sinne zu seinem Thema gehörig betrachtet, weil hier eine »wirklich ausgeführte Auseinandersetzung mit modernen literarischen Texten als Herausforderung für binnentheologische Denkwege unterbleibt« (161).

Diese schwer verständliche Zurückhaltung (gerade mal dreieinhalb Seiten widmet Langenhorst diesem Thema) beraubt das Buch eines interessanten systematischen Zugriffes: der Frage, inwiefern theologisches Denken selbst auf literarischen Praktiken gründet oder sich derselben bedient, inwiefern umgekehrt literarische Praktiken wie Erzählen und Lesen immer auch theologisch aufgeladen sind. Solche Fragen beträfen die Literarizität von Texten – also tatsächlich das Gegenstandsgebiet der Literaturwissenschaft – und nicht nur die religiösen Themen oder Motive in der Literatur.

Im dritten, ›kirchengeschichtlichen‹ Teil konstatiert Langenhorst wenig Forschung über die literarischen Darstellungen von kirchengeschichtlichen Gestalten (Heiligen, Reformatoren), Typen (Pfarrer – wie interessant wäre hier eine Einbeziehung des 18. Jhs. gewesen! –, Päpste) und Epochen (hier v.a. des Katholizismus des 19. und frühen 20. Jhs). Im vierten Teil arbeitet Langenhorst die Diskussion in der praktischen Theologie und Religionspädagogik auf, von der von vornherein ein wichtiger Impuls für die theologische Beschäftigung mit Literatur ausging: die christliche Erfahrung mithilfe literarischer Texte einer vom Christentum entfremdeten Welt nahe zu bringen, was bis zu dem Ende der achtziger gemachten Vorschlag reichen kann, den Deutsch-, Religions- und Philosophieunterricht zu einem Fach zusammenzufassen (S. 195f).

Der reichen Forschung zu den Themen von Schuld und persönlicher Identität (hier wie erwähnt auch die Autobiographie) wirft Langenhorst allerdings vor, hermeneutisch oft wenig reflektiert und zu nah an der theologischen Verzweckung zu sein; dagegen kommen in der Forschung zum Verhältnis von Homiletik und Literatur auch einmal dezidiert literaturwissenschaftliche Theoreme wie die Rezeptionsästhetik vor (in einer Arbeit von J. Seip, vgl. S. 212f). Wie schon in den anderen Diskussionen zeigt sich auch hier eine interessante Verschiebung in der Rolle der Konfessionen:

Nach einer eindeutigen Dominanz der Einziehung von Literatur in den wissenschaftlichen Diskurs auf evangelischer Seite ausgehend von den 70er Jahren übernimmt die katholische Theologie seit den 90er Jahren dieses Feld mit neuem Theorieanspruch. (S. 210)

Es liegt wohl in der Natur solcher Forschungsüberblicke, dass sie insgesamt einen optimistischen Unterton haben, den Reichtum der Forschung betonen und ihr eine hoffnungsvolle Zukunft bescheinigen. Aber die literaturwissenschaftliche Ausbeute der zahlreichen von Langenhorst referierten Studien wird man doch nicht allzu groß veranschlagen. Symptomatisch ist, dass mit wenigen Ausnahmen kaum literaturwissenschaftliche Terminologie vorkommt: Immer wieder wird von der ›Konkretheit‹ literarischer Texte gesprochen, kaum einmal fällt aber der Terminus ›Fiktion‹ oder Ausdrücke wie ›Poetizität‹, ›Narration‹, ›Intertextualität‹ (letztere wird immerhin im Ausblick als Zukunftsperspektive erwähnt, S. 230f). Man muss kein engstirniger Anhänger bestimmter Theorien oder Schulen sein, um solche (oder ähnliche) Begriffe konstitutiv für Literaturwissenschaft zu halten – und diese von einem mehr oder weniger sensiblen Reden über literarische Texte zu unterscheiden. Es scheint also mit dem Thema ›Theologie und Literatur‹ doch einiges mehr im Argen zu liegen, als der Überblick vermuten lässt.


Radikalkritik: Literaturtheologie statt
›Theologie und Literatur‹

In dieser Situation ergreift Langenhorst im programmatischen Schlussteil gleichsam die Flucht nach vorn: »Am Ende dieser Studie steht deshalb das eindeutige Plädoyer, sich von der Vorstellung eines ›Dialogs von Theologie und Literatur‹ zu verabschieden.« (S. 214) Die Vorstellung eines Dialoges sei immer schief und unbestimmt gewesen, eigentlich habe es sich um ein »gescheitertes Gesprächsangebot« gehandelt (S. 214), das weder von Literaturwissenschaftlern noch von Schriftstellern angenommen worden sei. Im Grunde sei es der Theologie immer primär um die »theologische Beachtung und Betrachtung literarischer Texte mit Hilfe literaturwissenschaftlicher Methoden« (S. 215) gegangen. Die Literaturwissenschaft sei also nicht als Dialogpartner, sondern als »Hilfswissenschaft« wahrgenommen worden (S. 216). Auch mit den Schriftstellern sei es nie wirklich zu einer Auseinandersetzung oder wechselseitigen Herausforderung gekommen, die zwischen zwei so kategorial verschiedenen Bereichen wie einer akademischen Disziplin und einer Kunst auch kaum zustande kommen könne, sondern allenfalls zu theologischen Fragen an zögernde und sich distanzierende Autoren.

Die ›Herausforderung‹ ist also ein Konstrukt zum theologischen, von außen angeregten Selbstgespräch, zur theologischen Selbstvergewisserung: dort, nur dort hat sie ihren hermeneutischen Ort und bleibenden Sinn. Mit ›Dialog‹ hat aber gerade diese Ausrichtung rein gar nichts zu tun. (S. 221)

Diese Radikalkritik macht vieles von Langenhorsts früheren Vorbehalten gegenüber der Forschung besser verständlich und bringt manches Unbehagen auf den Punkt, das der Rezensent während des Forschungsüberblickes empfunden hatte. Überraschenderweise führt sie aber nicht zur Forderung, diese Forschung zu verändern, sondern ihr Label. Man solle nicht mehr von ›Dialog‹ sprechen:

Ziel dieser klärenden Befreiung ist ein selbstbewusstes Benennen des Anliegens von ›Theologie und Literatur‹, seiner Chancen und Grenzen, seines Anspruchs und seiner Bescheidenheit. [...] Es geht also vor allem um die Charakterisierung des Feldes von ›Theologie und Literatur‹ aus theologischer Sicht. Eine Gegenperspektive aus literaturwissenschaftlicher Sicht wäre als Ergänzung im Sinne einer ›produktiven Kollision‹ ungemein wünschenswert – ist aber aus den genannten Gründen unwahrscheinlich. (S. 215)

So sehr man auch der Kritik der irreführenden Rede von ›Dialog‹ zustimmt, ist man doch überrascht, wie schnell hier das Kind mit dem Bade, die Interdisziplinarität mit dem Dialog verschüttet wird. Denn die radikale Kritik am Dialogparadigma dient eben nicht der Selbstkritik, sondern der ›Befreiung‹ bzw. »Entlastung von dem Anspruch, die eigene Wissenschaftlichkeit durch übergroße Anpassung an vermeintliche Standards des Partners immer wieder in besonderer Weise unter Beweis stellen zu müssen« (S. 220). ›Theologie und Literatur‹ meint jetzt also nicht mehr ein Spannungsfeld sondern eine Subdisziplin der Theologie – Langenhorst spricht jetzt gelegentlich von »theologisch-literarischen Arbeiten« (S. 219) –, in der genauso weitergearbeitet werden kann wie bisher, wenn nur der Anspruch verändert wird.

Ob eine solche ›Theologie und Literatur‹-Disziplin theologisch sinnvoll ist, möchte der Rezensent nicht beurteilen. Für ihn als Literaturwissenschaftler bleibt dieser Rückzug enttäuschend, und zwar nicht nur, weil er von den Theologen nicht mehr gefragt wird. Mit der ›Befreiung‹ und der säuberlichen Zuordnung zur Theologie geht auch der Beunruhigungswert verloren, den das Thema ›Theologie und Literatur‹ – auch für die Literaturwissenschaft – haben könnte. Eine solche Beunruhigung, eine Infragestellung der scheinbar selbstverständlichen Grundlagen des Faches, wurde sowohl von den ambitionierten Entwürfen über Literatur und Religion, etwa bei Burke und Bloom, ja ebenso intendiert wie (für die Theologie) durch die ästhetische Theologie von Timm und Huizing.

Versteht man aber unter ›Theologie und Literatur‹ nur ein theologisches Themengebiet, berührt sich das kaum noch mit dem, was die Literaturwissenschaft an diesem Thema interessieren muss: die Konfrontation und Durchdringung der Literatur mit einer anderen Wissensökonomie. Aber vielleicht kann das vorliegende Buch, eine Übersicht über die theologische Forschung aus theologischer Perspektive, einen Anstoß geben, diese Frage einmal neu, breit und grundsätzlich zu stellen.

 

Copyright © by the author. All rights reserved.

Georg Langenhorst (Hg.)
Theologie und Literatur. Ein Handbuch
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005. 271 S. Gebunden. EUR (D) 59,90.
ISBN: 3-534-17257-4.

In: IASLonline [23.01.2006]
URL: <http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/Weidner3534172574_1452.html>